Dein Wort in Gottes Ohr
Dein Wort in Gottes Ohr! - Metaphrasen des Religiösen
Ein Festival im Advent, veranstaltet von ausland und Sophiensaele
Religion feiert ein Comeback. Päpste sind Popstars, und Weihnachten, dem großen Showdown von Nächstenliebe und Konsum, kann sich niemand entziehen. Was denkt der aufgeklärte Kulturkonsument? Ist Religion Kulturgut, Herrschaftsideologie, Quelle der Selbstentfremdung oder nur noch politische Legitimation? Ist Glaube ein Grundbedürfnis, die abendländische Kirche ein Grundpfeiler der Gesellschaft, eine Freakshow oder ein Unternehmen kurz vor dem Konkurs? 'Dein Wort in Gottes Ohr' ist ein religionskritisches und ein missionarisches Festival. In fünf Themenkomplexen wird sich das Festival um eine Verortung von Kunst in Bezug auf Religion bemühen. Ursprünglich christliche Begriffe wie Apokalypse, Ekstase, Ketzerei, Ritual und Glauben sind heute immer noch tief in unserer Gegenwartskultur verwurzelt: Als apokalyptisch erleben wir Klimawandel, Globalisierung und kriegerische Konflikte. Das Hochreißen der Arme auf Raves ist ritualisierte, kultische Handlung. Bei Open Air Konzerten und Fußballweltmeisterschaften machen wir quasi-religiöse Erfahrungen der Gemeinsamkeit und Ekstase. Wer in der Öffentlichkeit raucht, wird heute gebrandmarkt wie früher die Ketzer. Und der Glaube an die Rente ist trotz schlechter Wirtschaftsprognose und demographischen Realitäten nicht klein zu kriegen. 'Dein Wort in Gottes Ohr' fragt: Braucht der Mensch Religion? Ist Religion wirklich nicht heilbar? 'Dein Wort in Gottes Ohr' fragt aber auch: Was ist Kunst ohne Glauben? Mit der Kunst verhält es sich wie mit der Religion: Nicht alle glauben an sie, einige dafür umso fanatischer. Kunst hat ihre Kathedralen und Tempel, Kunst hat ihre Ketzer und ihre Theologinnen, ihre Päpstinnen und ihre Propheten. Der Kunstmarkt ist die Verheiratung von Religion und Konsum.
"Dein Wort in Gottes Ohr" versammelt Arbeiten, die Reliquien enthalten, Überreste religiöser Abstammung, deren Herkunft profaniert, zelebriert, verleugnet oder im Dunkeln gelassen wird. Im Gegensatz zu Religion sind die gezeigten Arbeiten in der Gegenwart verwurzelt und suchen das Paradies nicht erst im Jenseits.
Wie erst der Schrein aus dem Knochen, Splitter oder Haar eine Reliquie macht, so werden religiöse Gefühle während des Festivals in künstlerisch gestalteten Gefäßen ausgestellt und umgedeutet. Wir erleben einen Gebetomaten, eine Eiserne Kirche, den manischen Prediger Reverend Donna Summer, das Alexander von Schlippenbach Trio im vollen Ornat, die Shiny Shilling Shockers in Momenten innerer Einkehr und vieles Besinnliche mehr.
'Dein Wort in Gottes Ohr' gibt der Adventszeit eine neue Bestimmung und fordert: Weihnachten darf nicht länger selbstzufriedener Besinnlichkeit gehören, sondern muss zum Symbol kritischen Kunstkonsums werden. 'Dein Wort in Gottes Ohr' fordert: Erlebt Religion im Zeitalter ihrer künstlerischen Reproduzierbarkeit!